
Spiel als Spiegel der Kindergefühle
Kennen Sie das Gefühl, wenn Ihr Kind aus dem Kindergarten kommt und auf die Frage „Wie war’s?“ nur kurz antwortet: „Gut.“ Und damit ist das Gespräch vorbei. Sie möchten aber so viel mehr wissen. Hat es Freunde im Kindergarten? Ist es dort glücklich? Versteht es sich mit der Erzieherin? Fühlt es sich einsam oder verunsichert? Kinder, insbesondere im Vorschulalter, können ihre Gefühle oft noch nicht benennen. Oder sie möchten sie nicht aussprechen – nicht, weil sie Ihnen etwas verheimlichen wollen, sondern weil sie erst dabei sind, eine Sprache für ihr Inneres zu finden.
Das Spiel kann genau diese Sprache sein. Und Sie können eine aufmerksame Zuhörerin sein.
Warum offenbart sich das Kind durch das Spiel?
Kinder erleben die Welt durch Gefühle, Fantasie und Erfahrungen. Ihr Alltag vermischt sich mit ihrer Vorstellungskraft – auch im Spiel. Wenn sie mit Figuren, Puppen oder Stofftieren spielen, übertragen sie unbewusst ihre Emotionen, Erlebnisse oder inneren Konflikte. Das Spiel wird so zum Spiegel ihrer Gefühlswelt.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Kind nicht viel erzählt, beobachten Sie es beim Spielen. Oder noch besser – spielen Sie mit.
Wie geht das konkret?
Nehmen Sie sich in Ruhe Zeit, setzen Sie sich gemeinsam auf den Boden und holen Sie die Lieblingsfiguren, Puppen oder Tiere hervor. Das können Tierfiguren, LEGO-Männchen, Magnetfiguren oder andere Lieblingsspielzeuge sein. Sagen Sie zum Beispiel:
„Lass uns Kindergarten spielen. Wer ist die Erzieherin? Wer bist du? Und wer sind deine Freunde?“
Lassen Sie das Kind selbst entscheiden, wer welche Figur spielt. Achten Sie darauf, wie sich die Figuren verhalten, was sie sagen und wie sie miteinander umgehen. Oft steckt in diesen Szenen viel mehr, als man denkt.
Reaktionen, auf die Sie achten sollten
1. Ablehnung oder Ausgrenzung einer Figur
- Wenn Ihr Kind eine Figur komplett ignoriert oder sie sogar aggressiv behandelt, kann das auf Spannungen mit einem echten Kind im Kindergarten hinweisen. Vielleicht wird es ausgeschlossen, ignoriert oder sogar geärgert.
- Fragen Sie vorsichtig: „Warum will diese Figur nicht mitspielen?“ oder „Wie fühlt sie sich, wenn sie nicht eingeladen wird?“
2. Eine sehr dominante Figur, die allen sagt, was sie tun sollen
- Wenn eine Figur ständig bestimmt, schreit oder kommandiert, kann das ein Abbild von Autoritätspersonen sein – zum Beispiel von der Erzieherin, einem älteren Kind oder auch einem Elternteil. Ihr Kind drückt so aus, wie es Macht und Kontrolle erlebt.
- Fragen Sie: „Was machen die anderen, wenn ständig jemand bestimmt? Gefällt ihnen das?“
3. Wiederholung von Konflikten oder traurigen Momenten
- Wenn die Geschichte des Spiels von Streit, Tränen, Abschied oder Strafen handelt, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass Ihr Kind etwas belastet. Kinder verarbeiten in ihren Spielen, was sie emotional beschäftigt – Positives wie Negatives.
- Fragen Sie einfühlsam: „Ist das schon mal im Kindergarten passiert?“ oder „Wie hat sich die Figur gefühlt, als sie allein war?“
4. Harmonie, Zusammenarbeit und Lachen
- Wenn die Figuren sich umarmen, gemeinsam etwas bauen oder sich gegenseitig helfen, zeigt das, dass sich Ihr Kind in seiner Umgebung sicher und wohl fühlt. Vielleicht hat es gerade eine schöne Erfahrung gemacht oder einen neuen Freund gefunden.
- Fragen Sie dann ganz natürlich: „Gibt es im Kindergarten auch jemanden, mit dem du so gerne spielst?“
Das Spiel lügt nicht – aber man darf es nicht erzwingen
Wichtig ist, sich nicht zu sehr einzumischen. Bewerten Sie nicht, geben Sie keine Lösungen vor. Seien Sie einfach präsent, aufmerksam und einfühlsam. Wenn Ihr Kind nicht über das Spiel reden möchte, respektieren Sie das. Oft reicht es, da zu sein – und das Kind zeigt von selbst, was es beschäftigt.
Und denken Sie daran: Auch wenn es so aussieht, als würden Sie „nur spielen“, tun Sie etwas unglaublich Wertvolles. Sie geben Ihrem Kind einen Weg, sich auszudrücken – auf eine Art, die es versteht. Und das ist im Kleinkindalter die ehrlichste Form der Kommunikation.
Zum Schluss: Ein Spielebereich für offene Gespräche
Wenn Sie im Wohnzimmer oder Kinderzimmer eine kleine Ecke mit Figuren, Tieren und einfachen Accessoires (z. B. Häuschen, Tisch, Auto, Bett) einrichten, schaffen Sie einen Raum, in dem Spiel ganz natürlich entsteht. Und Gespräche? Die kommen dann oft von ganz allein – ohne dass man fragen muss: „Na, wie war’s heute?“